Montag, 26. April 2010

Kritik: Kick-Ass

Am Wochenende habe ich den Film Kick-Ass im Kino gesehen. Ich muss sagen, dass mich der Film sehr gut unterhalten hat. Er hat mich überrascht wie nur wenige andere Filme.
Dave Lizewski (Aaron Johnson), der typische Highschool-Loser-Antiheld steht im Zentrum dieser Geschichte. Er hat es satt immer von allen auf den Deckel zu kriegen und beschließt, inspiriert von seinen Comicheften ein Superheld zu werden. Das erste Drittel des Films nimmt sich dieser Thematik äußerst humorvoll aber auch realistisch an. Wenn der Protagonist nach eifrigem Hinterhoftraining zum ersten Mal im Taucheranzug/Superheldenkostüm vor ein paar Autoknackern steht und für Recht und Ordnung sorgen will, dann ist man gespannt, wie ehrlich der Film eine solch gefährliche Situation zeigt.
Die Szene ist vergleichbar mit einer Szene aus dem ersten Spiderman-Film, als Peter Parker zum ersten Mal im Spinnenkostüm an einem Cage-Fight teilnimmt. Aber anstatt wie in Spiderman eine Slapstickeinlage draus zu machen, zeigt Kick-Ass was wirklich passieren würde. Meiner Meinung nach eine der wichtigsten Szenen der Superheldenfilme der letzten Jahre. Allerdings hält Kick-Ass nicht diese Spur, sondern fährt danach plötzlich einen anderen Weg. Zwar bekommt Dave Lizewski keine Superkräfte, aber dennoch bedient sich die Geschichte eines Tricks, um seine Chancen in der Verbrechensbekämpfung zu erhöhen. So ganz als Normalsterblicher gehts dann eben doch nicht.
Von diesem Punkt an ist die Glaubwürdigkeit über Bord geworfen. Einige könnte das enttäuschen, andere freuen sich, dass der Film endlich in die Gänge kommt, schließlich kann nun ordentlich gekloppt werden. Bald muss der Rookie-Superheld Kick-Ass feststellen, dass er sich nicht als einziger der Verbrechensbekämpfung verschrieben an. Das Auftauchen von Hit-Girl (Chloe Moretz) und Big-Daddy (Nicolas Cage) sorgt für den größten Wandel des Films. Jegliche Moral und Vernunft, die man dem Film bisher zugetraut hat, wird von der elfjährigen Kampfamazone einfach plattmassakriert. Ab diesem Punkt verschreibt sich der Film nur noch der oberflächlichen Unterhaltung. Äußerst guter Unterhaltung muss man jedoch dazu sagen. Die Kampfszenen sind absolut high-standart. Vor allem bei Hit-Girl kippt einem die Kinnlade runter wenn man bedenkt, dass die Schauspielerin zum Zeitpunkt des Filmdrehs wie ihre Figur wirklich erst elf Jahre alt war. Sie lässt das Schulmädchen Gogo aus "Kill Bill Vol.1" glatt hinter sich, und schmettert One-Liner so überzeugend wie ein John McClane oder John Rambo. Das Problem ist nur, dass man als Zuschauer von nun an nur noch auf den nächsten Auftritt von Hit-Girl wartet. Dave Lizewski geht als Identifikationsfigur völlig verloren, die anfänglichen Coming-of-age Genre-Einlagen spielen keine Rolle mehr. Aber dafür kommen im zweiten Teil einfach andere Zuschauergruppen auf ihre Kosten.
Durch die sehr flippige und jugendfreie Promotion für den Film, wird meiner Meinung nach ein total verkehrtes Publikum angesprochen. Kick-Ass macht so eher den Eindruck eines witzigen Familienfilms mit kleinen augenzwinkernden Moralbrüchen und Witzeinlagen a lá "Spy Kids". Sitzt man allerdings im Kinosaal, muss man nach 20 Minuten plötzlich feststellen, hier wird man nicht verschont von expliziten Gewaltdarstellungen. Und auch der Humor ist ist zwar ab und zu albern, teilweise aber auch rabenschwarz und bitterböse. Wenn der Mafiaboss einen vermeindlichen Verräter in einer übergroßen Mikrowelle zum Geständnis zwingen will, dann denkt man sich als Zuschauer nur: "Das trauen die sich jetzt nicht wirklich". Aber sie trauen sich. Regisseur Matthew Vaughn ("Layer Cake", "Der Sternenwanderer") setzt die Comicheftvorlage von Mark Millar äußerst kompromisslos um. Dass das Abtrennen von Gliedmaßen und sogar Kopfschüsse-verteilen aus der Ego-Perspektive einem Film trotzdem noch ein "ab 16 Jahren" beschert hat, verdankt der Film nur seiner Aufmachung im bunten Comiclook. Szenenbilder, die wie Panels eines Comics aufgebaut sind, mögen nicht unbedingt jedermanns Sache sein, wirken bei diesem Film nie deplatziert. An der Optik gibt es ohnehin nichts zu meckern, manche Szenen, wie z.B. eine Schießerei im Dunkeln bleiben einem lange im Gedächtnis und haben Kultpotential. Die Schauspieler spielen in diesem Film alle ein bisschen over-the-top, was aber sicherlich gewollt ist. Einzig die Darstellung von Nicolas Cage als Big-Daddy ist zeitweise etwas merkwürdig. Die Art wie er spricht soll komisch sein, kommt aber nicht ganz so rüber. Der Soundtrack ist hervorragend und sorgt mit Stücken von Ennio Morricone, über Elvis bis The Prodigy für die perfekte Untermalung.

Fazit: Ein bunter, tabu brechender Film, der sich der Unterhaltung verschrieben hat. Er spart nicht mit Seitenhieben auf andere Filme und Comics und bedient sich teilweise an Klischees, um diese dann aber gekonnt auf die Schippe zu nehmen. Die Frage über die Bedeutung des Einzelnen und die Gewichtung seines Handelns wird aufgeworfen, aber leider nicht zu Ende gedacht. Nicht nur Comic-Fans, auch Anhänger guter alter Ballerorgien und Freunde des schwarzen Humors kommen auf ihre Kosten. Wenn Hit-Girl mit der Zweischneidigen Lanze vor ein paar Schlägern steht und sagt: "Okay ihr Fotzen, dann zeigt mir, was ihr so drauf habt!", dann trägt das mühelos über die Schwächen des Film hinweg.

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