Samstag, 6. März 2010

Alice in ...Narnia?!


Gestern Abend war ich am Alex im CineStar und habe mir Alice im Wunderland in 3D angschaut. Eine Nacht drüber geschlafen, wie man das so macht, und jetzt will ich ein paar Worte zu dem Film loswerden. Ich werde dabei keine Rücksicht auf die nehmen, die den Film noch nicht gesehen haben, deshalb: +++SPOILER ALERT+++
Also zu aller erst einmal, ich finde Herr Burton hat wohl wieder optisch ein Meisterwerk geschaffen. Ich war begeistert von den Farben, konnte mich nicht satt sehen an dem großen Kopf der Herzkönigin, und sowieso waren Make-Up und Kostüme einfach hinreißend. Dazu dieser Sound von Danny Elfman, also audiovisuell ein Träumchen möchte ich behaupten....

Aber wenn man den bombastischen Sound und die tolle Optik mal weg lässt, bleibt eigentlich nichts übrig. Schock - ja, ich fand den Film wirklich nicht toll, und habe mich im Kino auch darüber geärgert. Der Film ist voller Logiklücken, oft inhaltlich komplett sinnbefreit, und für Burtonfans eine Enttäuschung. Sinnbefreit ist bei Alice im Wunderland ja nicht unbedingt schlecht, dieser Begriff geht aber nicht konform mit dem epischen Storytelling welches Burton hier versucht. Ich möchte meine Vorwürfe jetzt begründen.
Der Film hatte rein gar nichts mehr mit den beiden Büchern "Alice im Wunderland" und "Alice hinter den Spiegeln" gemein. Lediglich das Setting und die Charaktere wurden übernommen und in eine neue Form gepresst. Tim Burton war es ganz offensichtlich egal, dass Alice im ersten und im zweiten Buch zwei unterschiedliche Welten besucht hat. Die Herzkönigin ist zum Beispiel NICHT die rote Königin, Der Jabberwocky kommt lediglich im zweiten Buch in einem Gedicht vor, spielt aber überhaupt keine Rolle in den Geschichten. Genau wie der Bandersnatch. Das Schachmuster auf dem Boden der Endschlacht kommt aus dem zweiten Alice-Buch, die Armee von Spielkarten kommt aus dem Ersten. Burton vermischt einfach alles zu einem Quark und verkauft seinen Film als eine Art Fortsetzung. Is ja auch okay, wenn er sein eigenes Ding machen will, aber ich hatte eher den Eindruck, er bedient sich der Charaktere und dem Setting der Lewis Caroll Bücher, und stampft daraus seine eigene Version von "die Chroniken von Narnia". Sowieso hat mich vieles in diesem Film an "die Chroniken von Narnia" erinnert, und an "Hook" - kennt ihr den Film noch? Peter Pan hat vergessen, dass er mal der Retter von Nimmerland war. Er ist älter geworden und kämpft gegen die Probleme des Alltags. Doch dann kehrt irgendwann Tinkerbell zurück um ihn wieder nach Nimmerland zu holen. Dort glauben alle nicht, dass er wirklich Peter Pan ist, auch er selbst nicht. Aber irgendwann fällt der Groschen, und once again befreit er Nimmerland. Tinkerbell bittet ihn zu bleiben, aber er geht trotzdem, und kann plötzlich voller Selbstbewusstsein die Probleme des Alltags meistern. Irgendwie doch seeehr ähnlich zu Alice in Wunderland... Und die Chroniken von Narnia? Kinder die durch einen Kleiderschrank treten um in einer neuen Welt zu entdecken, dass eine Prophezeiung sagt, sie müssten das Land von der Tyrannei befreien. Das platte Gut-Böse-Prinzip, ein Kind das erkennen muss, dass es ein Krieger ist, und die böse Königin vom Thron stoßen muss, die Abschlussschlacht, das Schwert, sprechende Tiere, Helena Bonham-Carter, Tilda Swinton, blablabla... Und selbst wenn Burton alle diese Zutaten nimmt, und daraus seine eigene Suppe kocht, so ist das ja im Grunde kein Problem, aber verkommen die Charaktere der Alice-Bücher in seinem Film nur allzu oft zu nutzlosen Mitläufern und Gag-lieferanten. Eine dumme kleine CGI-Maus, die mit einer Stecknadel rumfuchtelt wie mit einem Degen. Der Einzige, der wirklich etwas unternimmt ist der Hutmacher, der Rest ist nur dafür da Alice zu sagen, dass sie den Jabberwacky töten soll. Und WIESO soll Alice überhaupt den Jabberwocky töten? Es steht auf einer Prophezeiung, und diese Stück Papier soll den Boden der kompletten Handlung des Films bieten. Nichts prädestiniert Alice dazu den Jabberwocky zu töten, Wunderland (oder Unterland wie Burton es hier nennt) hat ja im Grunde auch gar nichts mit ihr zu tun. Es geht sie gar nichts an. Trotzdem soll sie sich in irgendeine Rüstung schwingen und Ritter spielen, für ein Land in dem fast jeder unfreundlich ist. Auch die Äußerungen der Bewohner, Alice müsse erst wieder die alte Alice werden sind vollkommen bescheuert, bekommt man während des ganzen Films ja nie gesagt, was die junge Alice damals so besonders gemacht hat. Oder hat die mit 7 Jahren etwa auch schon mit Schwert und Rüstung gegen den Jabberwocky gekämpft? Wenn in dieser Geschichte etwas keinen Sinn ergibt, dann steht es eben in einer Prophezeiung - jaja, am Arsch Prophezeiung! Wieso entkommen der Hutmacher und die anderen Gefangenen dem Königreich der Herzkönigin so einfach? Was hat denn ihre Armee in der Zwischenzeit gemacht? Wieso wird der Hutmacher überhaupt verhaftet? Das ergibt nämlich auch keinen Sinn, steht er ja einfach nur an diesem See als ihn die Armee einholt. Bei der ersten Begegnung haben sie ihn doch auch nicht verhaftet. Und dieser Suchhund? Wieso ist der plötzlich frei? Wer ist dieser Sidekick der bösen Königin, und wieso schmeißt er sich an Alice ran? Und der Bandersnatch ist plötzlich lieb, weil ihm Alice sein geklautes Auge zurück gibt? Das Ende setzt dem ganzen dann noch das Krönchen auf: Alice besiegt den Drachen, die böse Königin bekommt einen Abgang wie in einem Disneyfilm (wäre sie noch in einen Topf mit Schleim gefallen wäre das Bild komplett), zurück in ihrer Welt sagt Alice ihren Leuten mal ordentlich die Meinung, und schüttelt aus dem Ärmel irgendwelche Pläne über Handelsrouten nach China... Nicht wirklich oder? Man kann diese Geschichte zu keinem Zeitpunkt ernst nehmen, denn sie wird viel zu schluderig erzählt. Das ist Storytelling für Arme! Und die Message? Stad up for yourself und glaube an das Unmögliche?! Und der Gedanke, sie könne das Unglaubliche schaffen, bringt ihr den Sieg über den Drachen am Ende? Mal ganz ehrlich, ich bin mir sicher, viele Burton-Fans WOLLEN den Film einfach gut finden, aber lasst euch mal einen Augenblick nicht von der Optik blenden. Das ist die absolute kinderfreundliche Familienfilmkacke. Als ich den Trailer sah, dachte ich, es wird ein morbider Trip in eine kranke Welt voller Verrückter. Denn das machte auch die Bücher aus - Alice war immer die einzige Person, die man verstehen konnte, die einzige Person mit Verstand. Alle anderen war unvorhersehbar und unvernünftig. Die Bücher hatten eine Message und eine subtile Ebene. Es ging um Psychologie. Im Film hingegen versuchen ihr die Bewohner von Unterland Vernunft einzureden. Sie sagen ihr, sie solle Veratwortung übernehmen und gegen den Jabberwocky kämpfen. Aber das ergibt keinen Sinn und ist der größte Wiederspruch zwischen den Büchern und dem Film. Der psychologischen Deutung wird bei Burton jeglicher Boden genommen, indem die Unterwelt ganz klar als real definiert wird.

Ich dachte, gerade Tim Burton verstünde es, ein Wunderland zu erschaffen, vielleicht ein bisschen morbide, ein bisschen verrückt, aber eben nicht der typische Einheitsbrei. Aber er hat stattdessen eine komplett an den Haaren herbei gezogene Story genommen, die Charaktere der Alice-Bücher darin herumlaufen lassen, und es mit Hilfe vieler Millionen Dollar durch den Computer zu jagen damit es geil aussieht. An ein Sleepy Hollow oder Edward mit den Scherenhänden kommt der Film jedenfalls nicht heran...

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